Vier verwegene Späher

Vier verwegene Späher

Die Maid nannte sich S’henice. Wer hat sich denn den Namen ausgedacht. Das muss sie mir buchstabieren. Sie bedankte sich überschwänglich für die unerwartete Rettung. Wie wir auch auf dem Weg in die Stadt Ávangurta, hatte sie die Hoffnung als einzelne Reisende unbemerkt von wilden Tieren, Rebellen und Schlimmerem die Strecke hinter sich bringen zu können. Aber der hohe Schnee hatte sie stark behindert und wilde Tiere machen auch vor einzelnen Reisenden nicht halt. Ein wenig naiv die Gute. Dem Verhalten meiner männlichen Gefährten nach zu urteilen aber immerhin sehr attraktiv. Und einsichtig, wie es schien. Sie bat uns, sich uns anschließen zu dürfen, da es offenbar alleine doch zu gefährlich sei. Nun ja, von mir aus. Die Männer hatten sowieso nichts dagegen. Jedenfalls ist das sicher besser, als ihr ständig zu Hilfe eilen zu müssen. Das hält uns nur auf. Wir haben schließlich eine Verabredung mit einem König. Außerdem, und das ist ein nicht zu unterschätzendes Argument, haben wir sie so immer im Auge. Die kann uns ja viel erzählen. Das tat sie dann auch. Sie habe in Mirrador gelebt aber dann sei ihr Vater gestorben und es war praktisch nicht möglich mit dem wenigen Einkommen zu überleben. Die Kosten für den Lebensunterhalt, die hohen Steuern und die sich stetig verschlechternde Situation hatten dann dazu geführt, dass sie sich entschied zu ihren Verwandten in die große Stadt zu reisen. Also hatte sie das wenige Habe ihres Vaters, dass ihr nach Abzug der Steuern geblieben war in ein Pferd und Reisekleidung getauscht und hatte sich auf den Weg gemacht. Grundsätzlich hatte sie viel über die Situation in Mirrador zu klagen. Nicht ganz zu unrecht, wie selbst wir mit nicht mal zwei Tagen Aufenthalt sagen konnten. Die Rebellen kamen deutlich besser weg. Obwohl sie sagte, sie habe Angst vor einem Überfall der Rebellen, lobte sie doch auch deren Einsatz für die Gerechtigkeit. Wo hatte ich bloß dieses Wort schon einmal gehört? Die Rebellen waren offensichtlich Einwohner von Mirrador und Bauern aus der Umgebung, die sich die Steuern nicht mehr leisten konnten und keinen Wert auf ein Leben in Leibeigenschaft legten. Verständlich, irgendwie. Alles in allem klang die Geschichte von S’henice durchaus plausibel. Trotzdem, erst der undurchsichtige Brief, jetzt die holde Maid. Mein Instinkt sagte immer noch, das stimmt etwas nicht. Ich wusste nur noch nicht was.
Am Abend im Lager konnte sich S’henice dann endlich erkenntlich zeigen und sich auf praktische Art nützlich machen. Wir bereiteten das Essen zusammen zu. S’henice hatte offenbar ein gutes Wissen der Kochkunst und auch ein paar Gewürze in der Satteltasche. Sie zeigte und erklärte mir so einiges und das Ergebnis war überwältigend. Für mich zumindest. Ein geniales Geschmackserlebnis. Ein Feuerwerk der Geschmacksknospen, einfach Wahnsinn. Insgesamt kam das Essen bei den meisten außer bei Cart sehr gut an. Vielleicht war es zu scharf. Trotzdem, das war der richtige Weg.
Cart und die Brüder V und V machen sich wieder auf die Jagd mit dem gleichen Ergebnis. Kleinvieh. Aber besser als nichts.
Der nächste Tag verläuft fast identisch außer, dass unser Jägerteam sich mal für ein paar Stunden von der Gruppe entfernt und mit einer erlegten Gemse zurückkommt. Respekt.
Abends dann wieder kochen zu Zweit mit gutem Erfolg. Beim gemeinsamen Vodka dann spekulierten wir über die Auswirkungen von zuviel Vodka auf kleine Nichtmenschen. Der Verdacht, man könnte sich in einen Halborc, in meinem Falle einen Gnorc verwandeln, fand großen Anklang. Was die humoristische Seite meines Volkes angeht bin ich ja nur mäßig bedacht, doch hier konnte ich nicht widerstehen. Am Morgen verließ ich mein Zelt als Gnom-Orc, inklusive kleiner Hauer. Ein wenig Magie machte es möglich.
Aber wie bereits an anderer Stelle angemerkt sind meine Kameraden durch fast nichts zu beeindrucken. Nur V und V zeigten ein mäßige Interesse und S’henice war sogar ein wenig aufgeregt. Nach nicht ganz einer Stunde verblasste dann der ganze Zauber wieder.
Man merkte jetzt deutlich, das wir uns dem Gebirge nähern. Es geht bergauf. Gegen Abend erreicht wir dann den Anfang eines Schlucht. Durch diese führte unser Weg. Wir würden die Pferde führen und hintereinander gehen müssen. Nicht gut. Der ideale Platz für einen Hinterhalt, von wem auch immer.
Abends am Lagerfeuer gab es dann weitschweifige Diskussionen, wie wir mit der Situation umgehen sollten. Letztlich beschlossen wir ein Viererteam gleich jetzt nachts vorrauszuschicken um die Lage zu erkunden. Dazu wurden die ausgewählt, die Nachts am wenigsten Probleme nur mit Mondlicht haben würden. Die Brüder V und V waren die ersten, sie hätten sich sowieso nicht aufhalten lassen. Dann ergänzten noch Zwerg und ich die Truppe. Ungefähr zwei Stunden vor Mitternacht brachen wir auf. Der Weg war mühsam. Wir waren schon zwei Stunden unterwegs und ich fragte mich zum wiederholten Mal, ob das wirklich eine gute Idee war als plötzlich ein riesiger Felsbrocken Vitali am Kopf traf und zu Boden schleuderte. Zum Glück war es nur ein Streifschuß, sozusagen. Wo kam der denn jetzt her, hier fallen doch keine Steine vom Himmel, oder doch? Und dann sahen wir ihn, nur wenige Meter über uns. Ich kannte diese Gestalt bisher nur aus Bücher, aber es schien eindeutig. Ein Eisyeti. Na super. Der hat uns gerade noch gefehlt und auch schon den zweiten Felsen in der Hand. Aus der Entfernung konnte das unangenehm werden. Selbst für V und V. Vitali zögerte nicht lang und erklomm die Felsen um hoch zum Gegner zu gelangen. Vladimir versuchte ihn solange durch Pfeilbeschuß abzulenken. Nahm ich jedenfalls an. Wenn er aber nicht trifft, wird das nichts. Da musste ich wohl unterstützen. Schnell hatte ich den Zauberstab mit den einzelnen magischen Geschossen zur Hand und feuerte eins auf den Yeti ab. Respekt. Ein so starkes Geschoss hatte ich damit noch nie verschossen. Den Yeti jedoch kümmerte das wenig. Er warf weiter mit Felsen. Inzwischen kletterte auch Zwerg den Hang hoch. Auch wenn die Geschosse alle so stark wären, so geht das nicht. Ich warf einen Säurepfeil, doch diesmal war das Ziel zu weit weg. Ich verfehlte den Yeti deutlich. Kurz danach sprang Vitali auf den schmalen Weg riss sein riesiges Schwert aus der Scheide und verwickelte den Yeti in einen Nahkampf. Das entlastete auf jeden Fall uns hier. Aber nicht lange, befürchtete ich. Der Yeti nahm eine monströse Steinkeule und hieb vernichtend auf Vitali ein. Der schon riesige Vitali wirkte neben dem Yeti wie ein Zwerg und der Hieb musste ihn bereits jetzt lebensbedrohlich verletzt haben. Vladimir kletterte jetzt auch nach oben um seinem Bruder zu Hilfe zu eilen. Zwerg, vom Yeti noch unbemerkt, heilte Vitali. Was konnte ich tun? Außer Reichweite bleiben, das war klar. Konnte man den Yeti blenden? Wenn ja, mit was und würde es nicht die Freunde ebenfalls in Mitleidenschaft ziehen. Ich wechselte zum Zauberstab mit zwei Geschossen. Das würde aber letztlich auch nicht helfen. Es war ein nervenaufreibender Kampf. Den wir aber siegreich bestanden. Nicht zuletzt wegen der Geschosse aus meinem Stab. Nachdem der Yeti tot zusammengebrochen war erklomm ich auch den Hang. Hier war erst einmal Wunden lecken angesagt. Magische Heilung soweit möglich und dicke Verbände. Derweil konnte ich ja schon mal die Höhle des Yeti untersuchen. Außer den üblichen Skeletten und Überresten von Abenteurern fand ich nur Kleinigkeiten. So in etwas 400 GS. Wussten diese Monster denn nicht was heutzutage ein Gold Kontrakt bei DocWagon kostet? Außerdem nur Gold und Silber, nichts was mich besonders interessieren würde. Geld ist eine Notwendigkeit aber keine Inspiration. Nichts lebendes, kein Vergleich zu einem funkelndem Rubin, einem strahlendem Smaragd oder gar einem strahlenden Diamanten. Monster der Welt, hört mich. Investiert in Edelsteine!

Meine kämpferischen Gefährten würden hier noch eine Weile rasten müssen. Da blieb mir wohl nichts anderes übrig, als den Rest der Schlucht alleine zu erkunden.

Fünf einsame Stunden

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