Die Straße

Die Straße

Obwohl wir zum Zeitpunkt unserer Abreise aus dem Tal den Frühling bereits ahnen konnten, holten wir den Winter schnell wieder ein. Der Weg über die Berge im Schnee war mühsam. Die Stimmung innerhalb der Gruppe winterlich depressiv. Zum Glück hatten auch alle Wegelagerer und Monster und den widrigen Bedingungen zu leiden und entweder keine Lust uns zu überfallen oder sich zum Winterschlaf zurückgezogen. Einmal beobachtete Cart einen Eisriesen. Wir beschlossen ihn in Frieden zu lassen und weiträumig zu umgehen. Die Jagdergebnisse der Kameraden waren ebenfalls spärlich. Insgesamt konnten wir aber Tag für Tag eine große Strecke zurücklegen. Irgendwie bewunderte ich ja Jacques und Rabe, die beide nicht beritten waren und deshalb den ganzen Weg zu Fuß zurücklegten. Ich jedenfalls möchte mein Pony nicht mehr missen. Nach ungefähr zehn Tagen hatten wir dann die höchste Stelle erreicht. Mein GPS, zwölf Satelliten hier oben im Freien, sagte mir deutlich, dass wir uns ziemlich genau 2500m über dem Meeresspiegel befinden mussten. Irgendwie schien diese Information meine Kameraden aber mehr zu verwirren als hilfreich zu sein. Also beharrte ich nicht darauf. Von nun an ging es wieder bergab. Wie so oft in unserem bisherigen Leben. Aber das ist sicher nur die Winterdepression. Kopf hoch Tulpe, Du schaffst das schon!
Nach ein paar Tagen konnten wir in weiter Ferne einen grünen Streifen ausmachen, der sich im Laufe der Zeit zu einer hügeligen, grünen Landschaft verbreiterte. Im Süden, also rechter Hand, zog sich eine Bergkette hin.
Die Tage vergingen langsam, eine eintönige Routine, einzig der stetig größer werdende grüne Streifen hob unsere Laune. Alle freuten sich auf Sonne, grünes Gras, einen kleinen See zum Baden. Apropos See. Seit Tagen schon hatte ich nachts den gleichen Traum.
„Ich befinde mich auf einer kleinen Lichtung mitten in einem großen, alten Wald. Am Rand der Lichtung befindet sich ein Teich mit kristallklarem Wasser. Die ganze Umgebung hat eine ungemein positive Austrahlung. Ich fühle mich geborgen und glücklich. Ja selbst wenn ich krank wäre, ich glaube auf der Lichtung würde ich genesen.“
Ein seltsamer Traum und er wiederholt sich. Das hat sicher eine Bedeutung. Aber welche?
Irgendwann erreichten wir die erste Abzweigung seit langem. Geradeaus führte ein Weg zu einer Brücke über eine tiefe Schlucht mit einem reißenden Fluß. Nach rechts führte ein Weg in Richtung eines riesigen Waldes. Dahinter die Bergkette. Unsere Spurenleser erklärten uns, dass es sich hier sehr wahrscheinlich um eine sehr alte, nicht mehr benutzte Handelsstraße handelt. Wir beschlossen ihr zu folgen. Am frühen Abend erreichten wir den Waldrand und schlugen wie gewohnt unser Lager auf . Mittlerweile war ich zu einer routinierten Feldköchin geworden, nur das zur Verfügung stehende Material ließ manchmal zu wünschen übrig. So auch diesmal. Dieses spezielle Art Wild, die Cart heute mitgebracht hatte, hatte einen Beigeschmack, der nicht bei allen unseren Gruppenmitgliedern auf Wohlwollen stieß. Nett formuliert.
Die Nacht verlief ruhig. Am Morgen stellten wir allerdings durch Zufall fest, dass wir alle seit Tagen den gleichen Traum haben. Wir alle träumen von der Lichtung mit Teich, jede Nacht. Darüber musste ich mal in Ruhe nachdenken.
Adalbert, der bereits die letzten Wochen durch seine ständige, teils gotteslästerliche, Nörgelei unangenehm aufgefallen war, trieb es heute auf die Spitze. Und wie wir ja alle noch aus dem Physikunterricht wissen, sind Spitzen ideale Empfänger für (auch göttliche) Blitze. Jedenfalls waren wir zwar erschrocken aber nicht wirklich überrascht, als plötzlich aus dem wolkenlosen, dunkelblauen Himmel ein gleißender Blitz direkt in Adalbert einschlug. Sein Pferd schien den Blitz nicht mal zu bemerken, Adalbert jedoch hing wie ein Häufchen Elend im Sattel verstummte abrupt und qualmte leicht aus den Ohren. Ein göttlicher Blitz. Sowas erlebt man nicht alle Tage. Aber, den ham’mer uns verdient. Danke Gott.

Der Baum

Wie alles begann: Der Aufbruch

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